Aktion / Bericht
Politischer Salon zur Chancengleichheit der Parteien
Vertreter*innen fünf kleiner Parteien beim Politischen Salon der ÖDP
Am 20. Februar 2025 - drei Tage vor der Bundestagswahl - diskutierten in der Geschäftsstelle der Berliner ÖDP Wissenschaftler gemeinsam mit Politiker*innen und interessierten Bürger*innen über die Auswirkungen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Dezember 2024 zu den Unterschriftenquoren im Bundeswahlgesetz. Die Frage „Schützt das Bundesverfassungsgericht die Demokratie oder nur die großen Parteien?“ schien dabei besonders die kleinen Parteien zu interessieren; hingegen war von den im Bundestag sitzenden Parteien niemand der Einladung gefolgt.
Zunächst stellte Dr. Björn Benken die Organklage der ÖDP vom Dezember 2023 vor. Er zeigte sich enttäuscht darüber, dass das Bundesverfassungsgericht viele der vorgebrachten Argumente nicht ausreichend gewürdigt hätte und den Eingriff in die Chancengleichheit der Parteien allein mit der Bekämpfung von Stimmenzersplitterung zu rechtfertigen versuchte. Nach Ansicht des Referenten sind Unterschriftenquoren zur Erreichung dieses Ziels aber weder wirklich geeignet noch überhaupt erforderlich, weil die Instrumente einer Integrierten Stichwahl bzw. eines Ersatzstimmensystems hundertmal effektiver das Problem der Stimmenzersplitterung bekämpfen könnten.
In einem zweiten Input-Referat wies Prof. Sven Hölscheidt vom Fachbereich Rechtswissenschaften der FU Berlin darauf hin, dass es nicht die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts sein könne, Ersatz-Gesetzgeber zu spielen. Wenn die Unterschriftenquoren zu hoch sind – was man insbesondere im Falle vorgezogener Neuwahlen konstatieren müsse –, dann läge das Versagen nicht beim Bundesverfassungsgericht, sondern beim Gesetzgeber.
Es entspann sich daraufhin eine lebhafte Diskussion, bei der sich unter anderem der Bundesvorsitzende der Partei DieBasis sowie die Landesvorsitzenden der Tierschutzpartei, der Partei der Humanisten und der Gerechtigkeitspartei zu Wort meldeten. Auch Prof. Joachim Lege, Verfasser des Buches „Unterschriftenquoren zwischen Parteienstaat und Selbstverwaltung“, der extra aus Greifswald angereist war, steuerte interessante rechtsphilosophische Gedanken bei und äußerte sich zu der Entscheidung des BVerfG sehr kritisch, vor allem auch aus methodischer Sicht.
Die Teilnehmer*innen waren sich anschließend einig, dass es eine spannende und erkenntnisreiche Veranstaltung war und dass sich die kleinen Parteien in der Zukunft noch viel stärker gemeinsam gegen die zunehmenden Benachteiligungen wehren sollten.
Hinweis: Wir planen, in Kürze noch ein ausführlicheres Protokoll der Versammlung zu erstellen, und senden dieses auf Anfrage gerne zu.